
Ein Abend voller Emotionen, Witz und Spielfreude: Das Theaterensemble des Markgräfler Gymnasiums Müllheim führte das Stück Wilde Rosen auf – eine moderne Version von Romeo und Julia.
In einer außergewöhnlichen Mischung aus Jugendsprache, bekannten Textpassagen aus Shakespeares Tragödie Romeo und Julia und italienischen Einsprengseln brachte die Theater-AG der Unter- und Mittelstufe das Stück Wilde Rosen auf die Bühne. Die theatral mutige und unkonventionelle Inszenierung durch Katrin Allgaier und Barbara Thiel-Nazar begeisterte an zwei Abenden in der vollbesetzten Aula und zeigte, wie mitreißend und kreativ Schultheater sein kann.
Wilde Rosen von Jorgi Slimistinos, eine moderne und teilweise in Jugendsprache verfasste Shakespeare-Adaption, holt Shakespeares Liebestragödie in die Gegenwart: Das kurze Erblühen junger Liebe in einer Welt des Hasses. Eine Gesellschaft, gespalten durch einen Konflikt, an dessen Ursprung sich niemand mehr erinnern kann. Ein kleiner, nichtiger Anlass genügt, um einen mörderischen Kampf auszulösen, so verhärtet sind die Fronten. In diesem Kosmos aus blankem Hass, verdichtet auf zwei Familien, erblüht die eigentlich unmögliche Liebe zwischen Romeo und Julia, den beiden „wilden Rosen“. Ihre Zuneigung wird getragen von einer Sehnsucht nach Frieden und Harmonie. In ihrer Liebe liegt die Chance, den rational nicht mehr nachvollziehbaren Konflikt nun endlich zu befrieden. Über das tragische Ende hinaus zeigte das Stück den Sieg der Liebe über die tiefsten Abgründe des Hasses, in einer überzeugenden Inszenierung, die Hoffnung vermittelte und Spaß machte und den Zuschauern die Zeitlosigkeit und Gegenwärtigkeit des Themas eindringlich vor Augen führte.
Die jungen Darsteller des großen Ensembles begeisterten in Doppelbesetzung an zwei Theaterabenden die Zuschauer mit ihrer Spielfreude und beeindruckten durch schauspielerisches Können. Margaux Hartmann brillierte in ihrer leichten und einfühlsamen Darstellung der Julia, Joshua Giesel und Gereon Berger überzeugten in authentischem Spiel als Romeo. Einen französisch angehauchten Grafen Paris gab Marc Huchet, der mit seinem augenzwinkernd-ironischen Spiel das Publikum zum Lachen brachte. Lily Wohlfeil und Osawume Ojo verkörperten als Prinzessin von Verona erschütternd kühl und glatt die der menschlich-tragischen Dimension gegenüber gleichgültige Staatsgewalt, während Maui Knam als quirlig-agressiver Tybalt lebhaft vergegenwärtigende Akzente setzte. Als erst am Ende versöhnliche Väter der beiden verfeindeten Familien agierten überzeugend Konstantin Skultety und Felix Schöllkopf, während Johann Schurig in seiner Doppelrolle als Ansager das Publikum herausfordernd an die Hand nahm. Ob in drastischer Jugendsprache, italienischem Fluchen, schlichten Worten oder mit Shakespeares Tragödientext, die jungen Darsteller meisterten gekonnt alle sprachlichen Register und bewältigten auch die Montage aus großen Szenen voller Drastik und solchen leisen intimen Spiels. Ihrem Agieren auf der Bühne gelang es, das Publikum mitzunehmen auf einen ganzen Bilderbogen existentieller Momente um Gewalt und Versöhnung, Hass und Liebe, Trauer und Hoffnung.
Die dramaturgisch an das Brechtsche Theater mit seinem Verfremdungseffekt angelegte Inszenierung zog die Zuschauer gleichermaßen in ihren Bann und forderte sie zum Mitmachen auf: Das abstrakte Bühnenbild der Abiturientinnen Mia Palmié und Nina Wiesmann aus dem Kunst-Leistungskurs setzte Akzente: Zwei große Leinwände, die jeweils eine Familie symbolisierten – die eine Seite leuchtend rot, die andere tiefschwarz. Das Publikum wurde ebenfalls in zwei Lager aufgeteilt, passend zu den Farben, mit kleinen Fahnen zum Mitmachen. Auf Plakaten wurde angezeigt, was die Zuschauerlager an bestimmten Stellen mitsprechen sollten. Souverän durchbrachen die jungen Schauspieler die berühmte „vierte Wand“ und machten das Stück nicht nur unterhaltsam, sondern auch überraschend und besonders nahbar. Zusätzlich brachte Cristina Radaeli, Italienischlehrerin am MGM, ihre Sprachkenntnisse ein. Sie hatte das Ensemble bei den Passagen in italienischer Sprache begleitet – und auch das wurde im Stück charmant eingebunden. Eine tolle Idee, den ursprünglichen Ort des dramatischen Geschehens aufscheinen zu lassen und gleichzeitig das Publikum herauszufordern. Der Schlusspunkt war ebenso stark wie bewegend: Nach dem tragischen Tod von Romeo und Julia wurden die beiden Leinwände im Spiel umgedreht – und zeigten nun eine farbliche Mischung. Rot und Schwarz – einst streng getrennt – verbanden sich. Ein leiser, aber eindringlicher Hinweis auf Versöhnung, und ein Moment, der viele im Publikum berührte.
Mit langem Applaus wurden Spiel und Inszenierung begeistert gefeiert. Schülerinnen und Schüler zeigten Mut, Kreativität und echtes Können – auf, vor und hinter der Bühne, wie immer professionell ins rechte Licht gesetzt von der Eventtechnik-AG unter der Leitung von Jochen Zoller. „Ihr habt euch mit so viel Engagement eingebracht und so ausdauernd gearbeitet, um zu zeigen, was ihr könnt, und das habt ihr auch gezeigt - wir sind stolz auf euch“, lauteten die Dankesworte der Regisseurinnen an ihr Ensemble zum Abschluss des gelungenen Premierenabends, der eindrücklich zeigte, was entstehen kann, wenn junge Menschen mit Freude und Engagement Theater machen dürfen.
Text: S. Wiesmann
Fotos: K. Lefevre